Beschleunigte Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an Flüchtlinge?

Allgemeines

Die Staatsbürgerschaft der Republik Österreich wird als ein hohes Gut erachtet und liefert einem Bürger eine Identität mit dem Staat Österreich. Die Staatsbürgerschaft wird durch Abstammung, Verleihung oder Anzeige erworben. Das Bundesgebiet der Republik Österreich als Ort der Geburt ist grundsätzlich nicht ausschlaggebend.

Verleihung der Staatsbürgerschaft

Der Verwaltungsgerichtshof spricht regelmäßig in seiner Judikatur aus, dass die Verleihung der Staatsbürgerschaft den Abschluss einer (erfolgreichen) Integration des Fremden in Österreich darstellt. In der Regel muss die bisherige Staatsbürgerschaft aufgegeben werden.

Im Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.07.1951 einigten sich die vertragsschließenden Staaten, unter anderem Österreich, laut der Übersetzung des Rechtsinformationssystems des Bundes in Artikel 34 darauf, dass diese „soweit als möglich die Gleichstellung und Einbürgerung von Flüchtlingen erleichtern“ sollen. Sie sollen insbesondere alles tun, um das Einbürgerungsverfahren zu beschleunigen und soweit als möglich die Kosten eines solchen Verfahrens zu reduzieren.“ Laut der auf der Homepage der UNHCR veröffentlichen Übersetzung geht es um die „Eingliederung und Einbürgerung von Flüchtlingen“. Im englischen Originaltext lautet Artikel 34: “The Contracting States shall as far as possible facilitate the assimilation and naturalization of refugees. They shall in particular make every effort to expedite naturalization proceedings and to reduce as far as possible the charges and costs of such proceedings.”

Strenggenommen müsste dem Wortlaut dieser Bestimmung entsprechend Flüchtlingen Priorität bei der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft vor anderen Fremden gegeben werden. Denn Österreich hatte zu dem zitierten Artikel 34 keinen Vorbehalt. Honduras, Malawi und Mosambik erlaubten sich etwa einen Vorbehalt und betrachten sich nicht als verpflichtet, Flüchtlingen in Bezug auf das Einbürgerungsrecht mehr Erleichterungen zu gewähren als im allgemeinen anderen Arten von Ausländern. Ein solcher Vorbehalt ist zur Klarstellung im Sinne einer Gleichbehandlung von Fremden untereinander grundsätzlich sachlich gerechtfertigt.

Die österreichische Gesetzgebung reflektiert dem Anschein nach nicht die Zielsetzung von Artikel 34 in Bezug auf eine beschleunigte Einbürgerung von Flüchtlingen. Mit einer am 01.09.2018 in Kraft getretenen gesetzlichen Regelung verschärfte der Gesetzgeber den Zugang von Flüchtlingen zur österreichischen Staatsbürgerschaft, als für Asylberechtigte die Dauer eines rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts im Bundesgebiet von sechs auf zehn Jahre als Voraussetzung für die Verleihung der Staatsbürgerschaft angehoben wurde. Dies ist als ein erhebliches Erschwernis für eine Erfüllung der Voraussetzungen zu einer Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft zu werten.

Eingliederung in Österreich

Flüchtlingen wird die Eingliederung in Österreich erleichtert. Österreich unterscheidet jedoch unter den Flüchtlingen. So haben etwa Flüchtlinge im Sinne der Verordnung über ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht für aus der Ukraine Vertriebene einen erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt, weil etwa ein vereinfachtes Verfahren zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung eingeführt wurde. Dies gilt für Staatsangehörige der Ukraine als auch für sonstige Drittstaatsangehörige oder Staatenlose mit Schutzstatus samt deren Familienangehörigen, die aufgrund des bewaffneten Konflikts ab dem 24.02.2022 aus der Ukraine vertrieben wurden.

Asylwerber, die nicht der Vertriebenen-Verordnung unterliegen, haben hier einen Nachteil, weil für sie eine Arbeitsmarktprüfung vorgesehen ist. Erst wenn diese Personen als Asylberechtigte bzw subsidiär Schutzberechtigte in einem Verfahren anerkannt werden, werden diese Personen mit österreichischer Staatsbürgerschaft gleichgestellt und bedürfen keiner Beschäftigungsbewilligung.

Ebenso haben Flüchtlinge im Sinne der Vertriebenen-Verordnung aufgrund einer Gesetzesänderung ein Recht auf Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz. Andere Asylwerber erhalten Familienbeihilfe grundsätzlich wiederum erst ab Anerkennung als Asylberechtigte bzw subsidiär Schutzberechtigte.

Zusammengefasst haben die ab 24.02.2022 aus der Ukraine Vertriebenen Vorteile gegenüber sonstigen Asylwerbern. Der Gesetzgeber dürfte dies als mit dem Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassistischer Diskriminierung vereinbar erachten. Nach diesem Gesetz haben Gesetzgebung und Vollziehung jede Unterscheidung aus dem alleinigen Grund der Rasse, der Hautfarbe, der Abstammung oder der nationalen oder ethnischen Herkunft zu unterlassen. Es ist aber eine schnellere Eingliederung für der Vertriebenen-Verordnung unterliegenden Personen vorgesehen als für sonstige Asylwerber.

Staatsbürgerschaft durch Anzeige

Eine beschleunigte Art des Erwerbs der österreichischen Staatsbürgerschaft ist die Anzeige. Der bereits mehrmals vom Gesetzgeber abgeänderte § 58c Staatsbürgerschaftsgesetz sieht eine Beschleunigung des Wiedererwerbs der Staatsbürgerschaft für von dem Nationalsozialismus verfolgte und vertriebene Personen bzw des Erwerbs der Staatsbürgerschaft für deren Nachkommen durch schriftliche Anzeige vor.

Das Gesetz nennt etwa zusammengefasst die folgenden Umstände einer aus Österreich vertriebenen Person (die in der Folge die österreichische Staatsbürgerschaft verloren hat) als Voraussetzung für den Wiedererwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft: Fremde, die sich aus Furcht vor oder wegen erlittener Verfolgung vor dem 15.05.1955 in das Ausland begeben haben; Fremde, die im Falle einer Rückkehr oder erstmaligen Einreise in das Bundesgebiet Furcht vor Verfolgung gehabt hätten; oder Fremde, die vor dem 09.05.1945 in das Ausland deportiert wurden. Im Detail werden noch weitere Umstände im Gesetz angeführt.

Ebenso können deren Nachkommen in direkter absteigender Linie die österreichische Staatsbürgerschaft durch schriftliche Anzeige erwerben. Dies gilt ebenfalls für Nachkommen in direkter absteigender Linie einer Person, die als Staatsbürger aufgrund von Verfolgung vor dem 09.05.1945 im Bundesgebiet oder im Ausland ums Leben gekommen ist.

Es ist hervorzuheben, dass die zur Anzeige berechtigten Personen ihre aktuelle Staatsbürgerschaft auch bei Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft behalten dürfen.

Fazit

Die gesetzlichen Regelungen erleichtern die Eingliederung von Flüchtlingen in Österreich. Jedoch wird im Rahmen der Eingliederung bei den Flüchtlingen untereinander unterschieden. Flüchtlinge im Sinne der Vertriebenen-Verordnung haben bei der Eingliederung Vorteile gegenüber anderen Flüchtlingen. Jedoch ist allen nach Österreich Geflüchteten gemeinsam, dass deren Einbürgerung aufgrund der Voraussetzungen einer Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft nicht beschleunigt wird. Eine beschleunigte Einbürgerung durch schriftliche Anzeige steht ihnen nicht offen.

Dieser Artikel gewährt lediglich einen Überblick der Materie nach österreichischem Recht und kann eine einzelfallbezogene Rechtsberatung nicht ersetzen. Eine Haftung ist ausgeschlossen. Sollten Sie nähere Informationen zu diesem Thema benötigen, kontaktieren Sie mich bitte.

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